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Traumberuf Coach? Warum sich eine Ausbildung nicht mehr lohnt

Avatar-Foto von Ute Kranz
Traumberuf Coach - Was gegen eine Coaching Ausbildung spricht

Früher war es der Traum vom eigenen Café, heute möchten viele Coach werden. Ein Beruf, der Sinn verspricht, persönliche Freiheit, ortsunabhängiges Arbeiten und die Chance, andere auf ihrem Weg zu unterstützen. In den sozialen Medien liest man von erfüllten Lebenswegen, von Aufbrüchen, Mut, Wohlstand und der Möglichkeit, mit einer Coaching-Ausbildung nicht nur sich selbst, sondern auch anderen zu helfen.

Was dabei oft untergeht: Der Coachingmarkt ist in den letzten Jahren stark gewachsen und mit ihm die Herausforderungen für alle, die neu einsteigen. Denn neben Vision und Empathie braucht es auch wirtschaftliches Know-how, emotionale Stabilität und die Fähigkeit, sich in einem gesättigten Markt gut zu positionieren. Und das ist noch längst nicht alles. In diesem Artikel geht es darum, welche Punkte du unbedingt kennen solltest, bevor du dich für einen Weg entscheidest, der vor allen Dingen erstmal eins kostet: viel Geld.

1. Der Markt ist völlig übersättigt

Coach kann sich jeder nennen, unabhängig von Ausbildung, Erfahrung oder ethischen Standards. Und genau das machen auch viele. Die Folge ist ein unüberschaubarer Markt voller Angebote, oft ohne nachvollziehbare Qualifikation. Wer heute neu einsteigt, muss nicht nur wissen, was sie/er anbietet, sondern auch, wie man sich glaubwürdig von der Masse abhebt. Das gelingt selten ohne ein gewisses Maß an Selbstinszenierung.

Oft braucht es eine klar definierte Nische, Investitionen in Werbeanzeigen, Sichtbarkeit auf Social Media, vielleicht ein Buch oder einen Podcast, und in jedem Fall viel Ausdauer. Aufmerksamkeit ist zur Währung geworden, und die bekommt man nicht mit einem Zertifikat, sondern mit Dauer-Präsenz, Budget und Strategie. Und selbst dann bleibt die Frage: Warum sollte sich jemand bei dieser Vielzahl an Angeboten für eine unerfahrene Person entscheiden, wenn es so viele andere gibt, die sichtbarer, erfahrener oder bereits etabliert sind?

2. Künstliche Intelligenz verändert den Markt

Ob persönliche Begleitung, Selbstreflexion, Business-Strategie, Lebensplanung, Entscheidungsfindung oder Selbstliebe, viele dieser Aufgaben übernimmt KI heute bereits kostenlos oder für kleines Geld. ChatGPT ist jederzeit verfügbar, braucht keine Pausen und greift auf ein enormes Repertoire an Wissen, Methoden und Perspektiven zurück, das ein einzelner Mensch kaum abbilden kann.

Dabei bleibt KI sachlich und urteilt nicht. Sie bringt keine persönlichen Meinungen oder Interessen ein und stellt die Bedürfnisse des Gegenübers konsequent in den Mittelpunkt. Auch wenn menschliche Begleitung nicht vollständig ersetzbar ist, und es sicher auch Kritikpunkte gibt, steigt der Druck auf Coaches, überzeugend darzulegen, warum ihre Unterstützung den hohen Stundensatz wert ist, während KI-basierte Tools ähnliche Impulse dauerhaft kostenlos anbieten.

3. Die wirtschaftliche Realität ist oft härter als gedacht

Der Weg in die Selbstständigkeit als Coach ist mit hohen Erwartungen und ebenso hohen Kosten verbunden: Ausbildung, Website, Technik, Werbung, Branding und ggf. Mentoring sind oft notwendig für einen professionellen Start. Danach müssen Einnahmen nicht nur die laufenden Ausgaben decken, sondern auch zum Leben reichen. Wer das nicht schafft, rutscht schnell in finanzielle Engpässe, muss schlimmstenfalls mit Bürgergeld aufstocken oder nimmt aus Angst vor dem Scheitern Aufträge an, hinter denen er/sie nicht steht.

Was als Freiheitsbusiness begann, wird so leicht zum finanziellen Dauerdruck. Von echter Selbstbestimmung bleibt dann wenig übrig. In sozialen Medien ist regelmäßig von 5-stelligen Monatseinkommen die Rede. Testimonials erzählen von vermeintlich glücklichen Teilnehmer:innen erzählen von Sinn, Freiheit und Erfolg. Rückschläge, Zweifel und Geldsorgen hingegen bleiben meist unerwähnt. Viele verschwinden still von der Bildfläche und kehren in feste Anstellungen zurück.

Mit welchem Umsatz du je nach Ausgangssituation rechnen musst, ohne im Luxus zu schwelgen, ein Auto zu fahren, wochenlang Urlaub zu machen oder große Reisen zu unternehmen:

PostenMonatlicher BeitragBemerkung
Privat: Miete, Strom etc.1.200-1.500 EuroFür Alleinlebende (Miete, Strom, Kleidung, Lebensmittel etc.)
Krankenversicherung350-400 EuroFreiwillig GKV o. Privat
Berufliche Fixkosten500-700 EuroWebsite, Technik, Werbung, Versicherungen, Kredite, Assistenz, Weiterbildung etc.
Rücklagen, Vorsorge500-600 EuroAltersvorsorge, Urlaub, Krankheit, Notgroschen etc.
Steuern, Abgaben, Berater800-1.000 EuroEinkommensteuer, Vorauszahlungen, StB
≈ monatliche Gesamtbelastungca. 3.350–4.200 €Ohne Auto, Anschaffungen oder besondere Rücklagen

4. Die Idee vom Freiheitsbusiness ist oft ein Mythos

Coaching-Ausbildungen versprechen Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und sinnerfülltes Arbeiten. Keine Chef:in, kein verpöntes 9-to-5, stattdessen freies Arbeiten von überall. Doch die Realität sieht oft anders aus. Gerade in den ersten Jahren arbeiten viele deutlich mehr als je zuvor. Es gibt kaum Grenzen zwischen Job und Freizeit, der Kopf steht dauerhaft unter Strom. Man muss regelmäßig Inhalte erstellen, Follower:innen bewegen und gleichzeitig verkaufen. Sichtbarkeit wird zur Daueraufgabe.

Dazu kommt der soziale Druck. Wer sichtbar sein will, muss sich ständig stark zeigen, verändern und motiviert präsentieren, auch wenn es einem selbst nicht gut geht. Oft wird bei sämtlichen Zahlen geschummelt, weil alle es tun. Wer Wert auf 100% Ehrlichkeit legt, hat es schwer, versprochen. Und in Szene-Orten wie Bali oder Dubai trifft man auf viele, die von ihrem großen Erfolg erzählen und fragt sich dabei insgeheim, wie viel davon wirklich der Wahrheit entspricht.

5. Verantwortung übernehmen, auch wenn es keiner kontrolliert

Coaching bedeutet häufig, mit Menschen in sensiblen Lebensphasen zu arbeiten. Es geht um Selbstwert, Beziehungen, Trauma, Lebenssinn oder berufliche Neuorientierung. Viele Ausbildungen vermitteln dafür nur Grundlagenwissen, dauern wenige Tage oder Wochen und setzen kaum persönliche Reife oder Erfahrung voraus. Dennoch beraten viele Coaches anschließend Menschen in Bereichen, die tief in die Psyche und ins Leben eingreifen.

Was vielen dabei nicht bewusst ist: Nur weil es keine gesetzlichen Vorgaben oder Qualitätskontrollen gibt, heißt das nicht, dass man ohne Verantwortung arbeiten sollte. Besonders in Kombination mit Esoterik oder spirituellen Konzepten wird häufig suggeriert, man könne Blockaden lösen oder Menschen zu ihrem wahren Ich führen. Und das alles ohne fundierte psychologische Kenntnisse, ohne Absicherung und ohne kritische Reflexion.

Wer mit Menschen arbeitet, trägt Verantwortung. Für deren Wohlbefinden und für die eigene Rolle im Prozess. Viele der heute verbreiteten „spirituellen“ Konzepte basieren auf kommerziellen Strukturen, nicht auf echter Spiritualität. Sie sind oft auf Verkauf, Selbstvermarktung und emotionale Bindung ausgelegt. Das macht sie besonders problematisch, vor allem, wenn Menschen in Krisen nach Halt suchen und stattdessen in ein System geraten, das vor allem eins will: Umsatz.

6. Trends sind keine stabile Grundlage

Coachingangebote, die stark auf Spiritualität, Esoterik oder magisches Denken mit Universum, Energien und Manifestation setzen, treffen aktuell noch auf eine recht große Zielgruppe. Aber gesellschaftliche Stimmungen verändern sich. Was heute als inspirierend gilt, kann morgen als naiv oder sogar problematisch wahrgenommen werden, besonders wenn Menschen merken, dass persönliche Krisen nicht mit positiven Sprüchen oder Tarotkarten gelöst werden können.

Auch die Lebensentwürfe, die viele Coaches mitvermarkten, unterliegen Trends. Vanlife, einst Symbol für Minimalismus und Freiheit, wirkt heute für viele unbequem. Bali verliert langsam an Anziehungskraft und auch Dubai wird mit seinen zweihundert Wolkenkratzern und 12-spurigen Autobahnen bei 45 Grad nicht ewig als Sehnsuchtsort gelten.

Auch bekannte Coaching-Ausbilderinnen, auf deren Namen viele Teilnehmerinnen ihre Positionierung stützen, können in Kritik geraten oder uninteressant werden. Wenn das passiert, verliert auch die teure Ausbildung ihren Glanz und dann verpufft die teure Ausbildung schlagartig. Wer genau hinschaut, sieht schon heute erste Anzeichen, dass die Hochphase dieses Trends ihren Zenit überschritten hat. Just saying…

Fazit: Bleib kritisch, wenn dir jemand den leichten Weg verspricht. Vor allem, wenn er dich viel kostet!

Es sieht definitiv verlockend aus, wenn man Menschen auf Social Media sieht, die es nach eigenen Angaben “geschafft” haben. Doch sei dir sicher: Hinter den Kulissen sieht es in vielen Fällen ganz anders aus. Der Druck ist hoch, der Wettbewerb groß, die Realität oft weit entfernt vom vorgegebenen Freiheitsgefühl. Die Coaching-Ausbildung, die Webseite und die Werbeanzeigen kosten in der Regel viele Tausend Euro und das sollte man sich vorher gut überlegen.

Und auch wenn Coach kein geschützter Beruf ist, bleibt es ein Beruf mit Verantwortung. Besonders dann, wenn man Menschen in emotionalen oder spirituellen Fragen begleitet. Zwischen einer Coachingausbildung und einer mehrjährigen therapeutischen Qualifikation liegen Welten, das sollte man nie aus dem Blick verlieren.

Hinzu kommt: Die Welt verändert sich gerade rasant. Künstliche Intelligenz und digitale Lösungen werden in den nächsten Jahren vieles auf den Kopf stellen, natürlich auch im Coaching. Wer jetzt startet, sollte nicht nur idealistisch denken, sondern realistisch einschätzen, ob dieser Weg langfristig zu den eigenen Fähigkeiten passt (Stichwort Verkaufen, Marketing, Sichtbarkeit, Social Media-Präsenz etc.)

Selbstständigkeit kann bereichernd sein, aber sie ist nicht für jede Person gemacht. Man verzichtet auf sehr viel Sicherheit und mindestens in den ersten Jahren auch auf enorm viel Freizeit. Wer mit dem Gedanken spielt, sollte sich vorab kritisch hinterfragen, gut informieren und zum Beispiel mithilfe von KI oder anderen Hilfsangeboten testen, ob die eigene Persönlichkeit wirklich zu diesem Weg passt. Denn manchmal ist der sichere 9-to-5 Job kein Rückschritt, sondern Ausdruck von Weitsicht.

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